Low- und High-Responder

Wer ist Low- wer ist High-Responder?


Die Infektionszahlen gehen in Europa wieder nach oben. Grund dafür: Die Delta-Variante. Erschreckend ist auch: Es gibt es unter den Erkrankten auch Personen mit vollständigem Impfschutz. Wieso das so ist, erklärt der Immunologe Reinhold Förster, Vize-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGFI) auf Nachfrage von FOCUS-Online.

 

Die Inzidenzen steigen in Europa und Deutschland wieder an - und das obwohl 49 % der Bevölkerung vollständig und 60% erstgeimpft sind. Bereits 84% der Infektionen sind auf die Delta-Variante zurückzuführen, so das Robert-Koch-Institut. Auch Zahlen aus England und Israel zeigen die selbe Tendenz. Bieten die Vakzine keinen ausreichenden Impfschutz?


Mehr Antikörper = besserer Impfschutz


Zwar schützen alle zugelassenen Impfstoffe vor Delta, allerdings sei das Ausmaß des Impfschutzes unterschiedlich, so Förster. „Wir lernen aber gerade, dass die Impflinge, die am meisten Antikörper produzieren, auch am besten geschützt sind, weil diese die Delta-Variante sehr gut neutralisieren können“. Der Immunologe erklärt, dass mRNA-Impfstoffe hier laut aktuellem Stand etwas besser greifen. Aber es komme darüber hinaus auch auf die individuelle Immunantwort des Körpers an.

 

Warum das so ist, sei nicht leicht zu beantworten, weil das Immunsystem sehr komplex funktioniere. Neben genetischen Komponenten spiele auch das Alter und der Gesundheitszustand der Impflinge eine Rolle. Jüngere und gesunde Menschen gehören in der Regel zu den High- Respondern.

 

Schwieriger sei laut Förster die Immunantwort bei kranken und alten Menschen. Diese Gruppe habe schon im Voraus eine reduzierte Immunantwort und zähle deswegen zu den Low-Respondern. Insbesondere Menschen weit über 80 oder 90 Jahre weisen oftmals ein sogenanntes klonales Immunsystem auf. „Das bedeutet, dass nahezu alle Immunzellen auf eine einzige Vorläuferzelle zurückzuführen sind, dadurch kommt es weder zu einer Antikörper- noch zu einer T-Zellen-Antwort nach der Impfung“, so der Mediziner zu FOCUS-Online. Zusammenfassend können Faktoren wie Vorerkrankungen, Alter oder auch die Einnahme von Immunsuppressiva zu einer reduzierten Immunantwort führen. Natürlich gebe es aber auch hier individuelle Unterschiede.

 

Hohe Schutzwirkung der Impfung gegen Delta in der Bevölkerung

 

Der Impfschutz in der Bevölkerung sei aber nicht durch die Delta-Variante gefährdet. Förster schätzt die Zahl der Älteren, bei denen der Impfschutz schwächer ausfällt auf fünf bis zehn Prozent und bestätigt damit die Impfstrategie in Deutschland.
Seit dem 22. Juli gab es in Deutschland laut Bericht des RKI 6000 Impfdurchbrüche, bei denen Personen trotz vollständigem Impfschutz symptomatisch erkrankten. In Relation sei das laut Reinhold Förster eine geringe Anzahl. Die Impfung verhindere in der Regel einen schweren Verlauf der Infektion mit Covid-19.

Kommt die dritte Impfung?
Förster gibt gegenüber FOCUS-Online zu bedenken, dass der Impfschutz nicht dauerhaft bestehen bleibt. Die Analyse von Daten aus Israel lege die Vermutung nahe, dass der Schutz gegen einen schweren Verlauf nach etwa einem halben Jahr nachlasse. „Deshalb ist eine Drittimpfung längerfristig unumgänglich“, so der Immunologe. Das eröffne natürlich auch eine politische Dimension, denn während hier bereits über eine dritte Impfung diskutiert wird, haben Menschen in anderen Ländern bisher noch gar kein Impfangebot erhalten.


Starke Impferaktion = Gute Immunantwort?


Viele Impflinge klagen über Impfreaktionen wie Kopfschmerzen, Fieber oder Schüttelfrost. Diese seien aber keine Indikatoren dafür, ob jemand Low- oder High-Responder sei. Förster betont: „Diese Nebenwirkungen sind Reaktionen des angeborenen Immunsystems, das zeigt nur an, dass sich der Körper mit etwas auseinandersetzt. Es gibt Beispiele, bei denen Geimpfte starke Reaktionen zeigen, aber wenig Antikörper produzieren. Eine Korrelation gibt es daher nicht.“

 

Quelle: FOCUS-Online. Zum Artikel geht’s hier.