In Mitteldeutschland haben sich bislang 408 Menschen trotz kompletter Coronaimpfung mit dem Sars-CoV-2-Virus infiziert. Das ergaben Nachfragen bei den Gesundheitsministerien der Länder. Danach infizierten sich In Sachsen-Anhalt 112 Menschen trotz zweiter Impfung, in Thüringen waren es 94 und in Sachsen 202. Wie ist das möglich?
Dr. Thomas Grünewald ist Leiter der Klinik für Infektionsmedizin am Klinikum Chemnitz und Vorsitzender der sächsischen Impfkommission. Er sagt, die Effektivität der Corona-Vakzine hänge von verschiedenen Faktoren ab. Eine 100-prozentige Wirksamkeit der Impfung gebe es aber nicht.
"Die Risikoreduktion von mehr als 95 Prozent heißt nicht, dass kein Risiko mehr besteht. An Daten aus Israel kann man sehr schön sehen, dass auch unter den Geimpften Infektionen und auch – äußerst selten – Todesfälle an Covid-19 auftreten können."
Was man an den Daten aus Israel aber auch sehe, sei, dass die Effektivität der Vakzine abhängig sei von der Zahl der Impfungen und auch dem zeitlichen Abstand nach den Impfungen, erklärt Grünewald.
Restrisiko bleibt bestehen
Grünewald verweist auf eine groß angelegte Studie aus Israel zu Jahresbeginn. Dort hatte ein Forschungsteam die Effektivität des Biontec/Pfizer-Impfstoffes untersucht und war unter anderem zu dem Schluss gekommen, dass das Vakzin besonders nach Verabreichung der zweiten Dosis sehr effektiv ist. Aber es wurde auch aufgedeckt, dass sich Personen nach der zweiten Impfung infiziert hatten beziehungsweise erkrankt waren.
Auf dieses Restrisiko weisen auch die Experten vom Paul-Ehrlich-Institut hin. Auf Anfrage von MDR AKTUELL heißt es schriftlich: "Es muss davon ausgegangen werden, dass Menschen nach Kontakt mit dem Virus trotz Impfung symptomatisch oder asymptomatisch infiziert werden können und dabei das Virus Sars-CoV-2 ausscheiden."
Deswegen solle man sich auch nach der Impfung weiter an die allgemein geltenden Schutzmaßnahmen halten, schreibt das Institut weiter. "Im Moment ist der Erkenntnisstand, dass die Impfung keine vollständig sterile Immunität verursacht."
408 "Impfdurchbrüche" in Mitteldeutschland
Generell gilt, erst nach der zweiten Impfung und einer Frist von zwei Wochen entfalten die Corona-Impfstoffe ihre volle Wirkung. Doch es bleibt auch ein geringes Restrisiko sich trotzdem zu infizieren und, was noch seltener ist, Symptome zu entwickeln.
Experten sprechen dann vom sogenannten Impfdurchbruch. Insgesamt gab es bisher 408 solcher Fälle in Mitteldeutschland: In Sachsen-Anhalt infizierten sich 112 Menschen trotz zweiter Impfung, in Thüringen waren es 94 und in Sachsen 202. Das Sozialministerium in Dresden teilte noch mit, dass es bei 115 Fällen zu Symptomen kam.
408 Impfdurchbrüche in ganz Mitteldeutschland ist gering im Vergleich zur Gesamtzahl der bisher vollständig Geimpften von über 564.000. Viel höher ist allerdings die Zahl der Neuinfektionen nach der ersten Impfung: in Thüringen wurden 1.048 Fälle gezählt, in Sachsen-Anhalt 1.040. Für Sachsen liegen noch keine Zahlen vor.
Auch nach Impfung weiter AHA-Regeln einhalten
Dass sich jemand trotz Impfung noch infizieren und damit andere anstecken kann, sei auch ein Thema bei den Hausärzten, berichtet der Vorsitzende des Thüringer Hausärzteverbandes, Ulf Zitterbart.
"Wir müssen natürlich auch nach der zweiten Impfung die Patienten noch aufklären, dass die sogenannten AHA-Regeln weiter eingehalten werden, weil es ganz einfach noch keine Anweisung gibt, wie sich Geimpfte in Zukunft verhalten dürfen", erklärt Zitterbart. In Deutschland gebe es noch keine offiziellen Empfehlungen dazu.
Der Vorsitzende der sächsischen Impfkommission, Grünewald, weist noch auf einen weiteren wichtigen Aspekt hin: Die Effektivität des Impfschutzes sei auch abhängig von der sogenannten immunologischen Kompetenz der geimpften Person. Mit anderen Worten: Je schwächer das Immunsystem des Geimpften, desto schlechter ist die Wirkung des jeweiligen Impfstoffes.
Quelle:
https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/panorama/corona-virus-impfung-infektion-mitteldeutschland-100~amp.html